schlechte Leistung

Überblick

Kann ich wegen schlechter Leistung auf der Arbeit gekündigt werden?

Grundsätzlich ja. Sollen Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung gekündigt werden, sind die Anforderungen allerdings so hoch, dass Arbeitgeber damit in der Praxis große Schwierigkeiten haben. Denn das Arbeitsvertragsrecht sieht keine Gewährleistungsrechte des Arbeitgebers bei mangelhafter Tätigkeit der Arbeitnehmer vor. Wenn Kunden bspw. ein Produkt kaufen und das Produkt mangelhaft ist, dann können sie Gewährleistungen geltend machen, wie Nacherfüllung, Minderung etc. Sowas existiert für mangelhafte Leistungen von Arbeitnehmern jedoch nicht. Deshalb haben Arbeitgeber hier häufig Schwierigkeiten Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung zu kündigen. Denn ein Arbeitnehmer muss tun, was er soll und zwar so gut, wie er kann. Er schuldet ein „Wirken“, aber kein „Werk“. Seine Leistungspflicht ist nicht starr, sondern dynamisch zu betrachten und hat sich an seiner Leistungsfähigkeit zu orientieren. Es muss deshalb immer ein objektiver Maßstab angesetzt werden, was der Arbeitnehmer wirklich leisten kann (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21.05.1992 – 2 AZR 551/91). Arbeitgeber dürfen von Arbeitnehmern keine Leistungen erwarten, die die Arbeitnehmer persönlich nicht erbringen können, weil sie einfach das Potential dazu nicht haben. Deshalb tragen Arbeitgeber häufig auch das Risiko, wenn sie Arbeitnehmer einstellen, die sich später als unfähig für die Tätigkeit erweisen.

 

Wann liegt schlechte Leistung auf der Arbeit vor?

Schlechte Leistung auf der Arbeit liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer die geschuldete quantitative und qualitative Leistung nicht erbringt. Welche genaue Leistung geschuldet ist, hängt immer von dem jeweiligen Arbeitsvertrag und seinen Umständen ab.

Beispiele für schlechte Leistung auf der Arbeit und Kündigung

  • Ein Vertriebsmitarbeiter schafft es im Gegensatz zu seinen Kollegen in knapp eineinhalb Jahren nicht ein Geschäft für seinen Arbeitgeber abzuschließen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 3. Juni 2004 – 2 AZR 386/03). Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts handelte es sich um eine wirksame personenbedingte Kündigung.
  • Ein Arbeitnehmer bleibt mit seinen Leistungen um 50 % bis 70 % hinter den Leistungen seiner Kollegen zurück, die vergleichbare Leistungen erbringen (Landesarbeitsgericht Hamm 13.04.1983 – 12 Sa 95/83).

Grundsätzlich schulden Arbeitnehmer Leistungen nach mittlerer Art und Güte. Das heißt, dass die Arbeiten zumindest der durchschnittlichen Qualität entsprechen müssen. Dies Leistungspflicht ist immer dynamisch zu sehen, nie starr, weil sie sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers orientiert.

Beispiel quantitative Schlechtleistung

Ein angestellter Klinikchirurg soll innerhalb eines Monats 10 Operationen durchführen. Er schafft allerdings nur 7 Operationen.

Der Mitarbeiter eines Online-Startups soll alle täglich eingehenden Online-Bestellungen noch am selben Tag abarbeiten. Es gelingt ihm jedoch nur die Hälfte der eingehenden Bestellungen zu bearbeiten.

Beispiel qualitative Schlechtleistung

Der angestellte Klinikchirurg begeht während der Operation einen Arztfehler. Der Patient muss deshalb erneut operiert werden, damit der Fehler ausgebessert werden kann.

Der Mitarbeiter des Online-Startups verschickt auf die eingegangenen Bestellungen versehentlich die falschen Artikel an die Kunden.

 

Ist die Kündigung wegen schlechter Leistung eine verhaltensbedingte Kündigung oder eine personenbedingte Kündigung?

Hierzu besteht folgende Regel: Kann der Arbeitnehmer, will aber nicht, handelt es sich tendenziell um eine verhaltensbedingte Kündigung. Will der Arbeitnehmer, kann jedoch nicht, wird von einer personenbedingten Kündigung auszugehen sein. Die Unterscheidung zwischen personenbedingter und verhaltensbedingter Kündigung ist deshalb so wichtig, weil ihre Wirksamkeit von verschiedenen Voraussetzungen abhängt. So sollte beispielsweise vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen werden.

 

Können Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung abgemahnt werden?

Dies hängt davon ab, warum der Arbeitnehmer schlecht leistet. Will er gut leisten, kann aber nicht, so wird ein personenbedingter Grund anzunehmen sein. Dann wird auch eine Abmahnung keinen Sinn machen. Kann er, will aber nicht, wird eher ein verhaltensbedingter Grund gegeben sein. Dann liegt ein sogenanntes steuerbares Verhalten vor. Dieses wiederum kann abgemahnt werden.

 

Können Arbeitnehmer auch dann wegen schlechter Leistung gekündigt werden, weil sie krankheitsbedingt nicht besser leisten können?

Auch das ist grundsätzlich möglich, aber für den Arbeitgeber sehr schwierig. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Arbeitnehmer mit ihren Leistungen krankheitsbedingt nicht den Erwartungen des Arbeitgebers entsprechen können. Eine solche krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit kann dann zu einer wirksamen Kündigung führen, wenn die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt sind (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 26.09.1991 – 2 AZR 132/91). Diese Art der Beeinträchtigung liegt vor, wenn nach betriebswirtschaftlichen und arbeitswissenschaftlichen Grundsätzen die Schlechtleistung mit der Vergütung des Arbeitnehmers gegenübergestellt und festgestellt wird, dass im Ergebnis kein angemessenes Verhältnis mehr besteht. Zudem muss auch – wie bei einer krankheitsbedingten Kündigung – eine negative Prognose hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers vorliegen. Anschließend muss die vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitnehmers ausfallen. Erst dann kommt eine Kündigung wegen schlechter Leistung in Betracht, auch wenn diese auf den gesundheitlichen Zustand des Arbeitnehmers zurückzuführen ist und der Arbeitnehmer dafür nichts kann.

 

Können Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung auch fristlos gekündigt werden?

Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung außerordentlich, fristlos gekündigt werden, allerdings auch hier nur in wenigen Ausnahmefällen:

 

Können Arbeitnehmer gekündigt werden, weil sie zu langsam arbeiten?

Bei der sogenannten Langsamarbeit können Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung gekündigt werden, wenn sie das vorsätzlich tun. Hierfür wird aber in der Regel eine vorherige Abmahnung erforderlich sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Arbeitnehmer während der Arbeit unnötig Zeit vertreiben, obwohl sie konkrete Aufgaben zu erledigen haben (Bummelei). Häufig geschieht das, wenn Sie unnötig im Internet surfen, zu lange telefonieren beziehungsweise private Telefonate führen etc.

 

Müssen Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung Schadensersatz zahlen?

Das ist grundsätzlich möglich, in der Praxis aber für Arbeitgeber schwer durchzusetzen.

Denn die Frage nach dem Schadensersatzanspruch gegenüber dem Arbeitnehmer wegen schlechter Leistung richtet sich nach den Grundsätzen des sog. innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Demnach wird unterschieden, auf welcher Verschuldensstufe der Arbeitnehmer einen Schaden verursacht hat.

Hier gibt es folgende Abstufungen:

  • bei einfacher Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers kein Schadensersatzanspruch
  • bei mittlerer Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers Teilung des Schadens mit dem Arbeitgeber
  • bei grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers haftet dieser zwar voll, allerdings darf die Höhe der Schadenssumme nicht unverhältnismäßig sein
  • bei Vorsatz des Arbeitnehmers volle Haftung.

Zudem trägt der Arbeitgeber die volle Beweislast nach § 619a Bürgerliches Gesetzbuch. Er muss bei schlechter Leistung des Arbeitnehmers beweisen, welchen konkreten Schaden er erlitten hat und diesen genauestens beziffern.

Beispiel Schadensersatz wegen schlechter Leistung

Ein angestellter Architekt begeht bei der komplizierten Planung für ein Gebäude einen vermeidbaren grob fahrlässigen Fehler. Dieser Fehler kommt jedoch erst zu Tage, nachdem die Bauarbeiten schon begonnen haben. Es muss nun zurückgebaut werden. Dies verursacht erhebliche Kosten. Der Bauherr nimmt deshalb den Arbeitgeber in Anspruch. Er kann nämlich nicht direkt den angestellten Architekten in Anspruch nehmen, weil dieser nicht sein Vertragspartner ist. Daraufhin macht der Arbeitgeber gegenüber dem Architekten den Schaden wegen der Schlechtleistung geltend. 

 

Darf der Arbeitgeber wegen schlechter Leistung des Arbeitnehmers den Lohn mindern?

Nein, das ist grundsätzlich nicht möglich. Schlechte Leistung ist kein Grund dafür, dass Arbeitgeber einfach den Lohn reduzieren (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 18.07.2007 – 5 AZN 610/07). Denn das Arbeitsrecht bzw. das Dienstvertragsrecht nach §§ 611 ff. Bürgerliches Gesetzbuch sieht Gewährleistungsrechte wie Minderung nicht vor.  

Handelt es sich allerdings um eine schuldhafte Schlechtleistung des Arbeitnehmers, beispielsweise, weil er unnötig Zeit totschlägt, obwohl er konkrete Aufgaben zu erledigen hat, kann der Arbeitgeber aufrechnen. Er bemisst eine Summe, beispielsweise 2 Arbeitsstunden als Minusstunden und rechnet diese mit seinem Lohn auf, so dass diese im Ergebnis dem Arbeitnehmer abgezogen werden. Das ist im Vergleich zur Minderung zwar rechtlich ein Unterschied. Im Ergebnis läuft es aber für den Arbeitnehmer auch darauf hinaus, dass er weniger Geld erhält. Der Arbeitnehmer muss diese abgezogenen Stunden vor dem Arbeitsgericht dann einklagen.

 

Wie kann mein Arbeitgeber meine Schlechtleistung beweisen?

Arbeitgeber sind auch bei einer Kündigung wegen Schlechtleistung dazu verpflichtet die Kündigungsgründe in einem Kündigungsschutzverfahren darzulegen. Die Rechtsprechung gibt folgende Darlegungs- und Beweislast vor (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 11. Dezember 2003 – 2 AZR 667/02):

Der Arbeitgeber muss die schlechte Arbeitsleistung mit der Arbeitsleistung anderer Arbeitnehmer vergleichen und dabei die Fehlerquote nach der Qualität oder Quantität, nach Anzahl, Schwere und Konsequenz darstellen. Sein Ziel muss es sein, die Schlechtleistung als verhaltensbedingte Ursache darzustellen, also: der Arbeitnehmer kann ja anders, er will aber nicht.

Daraufhin muss der Arbeitnehmer darlegen, dass er gar nicht anders kann und seine volle Leistungsfähigkeit schon ausschöpft.

Weitere Faktoren, die hierbei eine Rolle spielen: Kommt auch bei anderen Arbeitnehmern eine Schlechtleistung vor? Inwieweit ist der Arbeitgeber für die Schlechtleistung mitverantwortlich, beispielsweise wegen der Überlastung der Arbeitnehmer aufgrund Personalmangels, wie gravierend sind die Konsequenzen der Schlechtleistung. Werden mit der Schlechtleistung konkrete berufsrechtliche Verstöße begangen, wie bei angestellten Rechtsanwälten, Ärzten, Steuerberatern, beispielsweise, dass Fristen oder vorgegebene Standards nicht eingehalten werden.